Das Wort ist die Tat! 1. These: Medien sind kein Kanal der Informationsvermittlung, sondern bezeichnen eine unscharfe, verwackelte Grenze, die unsere Erkenntnis und die Welt trennt. Was unsere Erkenntnis, und was die Welt ist, lässt sich nie genau auseinanderhalten. 2. These: Es gibt überhaupt nur einseitig gerichtete Medien, Einbahnstrassenmedien. [...] Wir sind auf die Medien gerichtet und tragen unsere eigenen Erfahrungen und Deutungen an sie heran. Das mediale Ereignis selbst, die Radiosendungen etwa, liefert nur das Material, mit dem wir dann konstruktiv umgehen. 3. These: Wir konstruieren unsere Welt in tätiger Auseinandersetzung mit ihr. Sinn entsteht bei uns. Was die Welt ohne unsere konstruktive Erkenntnistätigkeit wäre, bleibt uns notwendig verborgen. 4. These: Indem Radio seinen Rezipienten eine allgemeine und kollektive Sinnstiftung anbietet (das Weltgeschehen, die Weltzeit, das was uns alle betrifft, das Wetter usf.) verdichtet und nivelliert es das Publikum zum imaginierten Kollektiv. Diese Verdichtung wird vom Radio aber nur angeboten, vollzogen wird sie vom Publikum. 5. These: Gegenstand emanzipatorischer Radioproduktion ist nicht Sinn zu stiften, sondern Sinn rekonstruktiv zu befragen und zugleich zu dekonstruieren. 6. These: Im Freien Radio entsteht nicht ein Deut mehr Wahrheit oder Wahrhaftigkeit als in den Sendungen öffentlich-rechtlicher oder kommerzieller Stationen, wohl aber zielen die Sendungen hier auf die Veränderung der öffentlichen Rede und die Reflexion der herrschenden Diskurse ab. Implizites Thema ist vielfach, was mensch überhaupt wie sagen kann. 7. These: Offene, materialreiche Sendungen geben Anlass und Möglichkeit zu selbständigen, vielfältigen, uneindeutigen und neuartigen Konstruktionen durch den oder die Hörende. Gegenstand der emanzipatorischen Radioarbeit ist das Material, das befragt und zum Sprechen gebracht wird. Material ist alles: Texte, Geräusch, Klänge, Natürliches, Künstliches, Historisches, Aktuelles, Menschliches, Ausserirdisches, Eigenes, Fremdes usf... Zit. nach Ulrich Wenzel, In: klipp & klang radiokurse (Hg. 1998): kurze welle lange leitung. Texte zur Radioarbeit. Zürich.